1. Einführung
1.1. Was sind Netiquette?
"Netiquette" sind Verhaltensregeln im Umgang mit e-Mail. Das Wort ist eine Wortschöpfung aus "Network" und "Etiquette".
1.2. Was will dieses Dokument?
Dieses Dokument soll eine kurze, grundlegende Einführung in die Verhaltensweisen im e-Mail-Verkehr liefern. Damit soll gewährleistet werden, dass "Neulingen" ein erster Mail-Kontakt ohne allzuheftiges "anecken" ermöglicht wird. Der e-Mail-Bereich unterliegt, wie jeder Bereich im menschlichen Zusammenleben, gewissen Spielregeln. Wer diese Spielregeln kennt, tut sich deutlich leichter.
Wer den ersten Einstieg erfolgreich hinter sich gebracht hat, dem sei auch das Studium der RFC 1855 empfohlen, die sich weitergehend mit dem Thema befasst.
1.3. Verschiedene Mail-Typen
Dieses Dokument behandelt zwei Formen der elektronischen Nachrichtenübermittlung: Private e-Mail und öffentliche e-Mail. Daneben gibt es noch "News", "Talk" oder "Chat", "Foren" usw., wir wollen uns aber hier auf e-Mails konzentrieren. Viele der hier gesagten Punkte treffen aber auch auf News und Foren zu.
Grundsätzlich können Mails nicht nur verschickt und empfangen werden, sondern man kann sie auch beantworten und weiterleiten. Beides unterliegt wieder eigenen Regeln, die im zweiten Abschnitt dieses Dokuments zusammen mit den anderen Richtlinien behandelt werden.
1.3.1. Private Mail
Private Mail ist Mail, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist. Das Wort "privat" ist in diesem Zusammenhang jedoch trügerisch, denn i.d.R. wird jede Mitteilung über mehrere Zwischenstellen "geroutet" (weitergeleitet) und jeder Betreiber kann jede Mail, die über sein System läuft, lesen (was jetzt nicht heißen soll, dass das auch immer getan wird).
Als Daumenregel gilt: Schreibe nichts per Mail, was Du nicht auch auf eine Postkarte schreiben würdest.
1.3.2. Öffentliche Mail
Öffentliche Mail ist nicht an einen bestimmten Empfänger gerichtet und kann i.d.R. von einer Gruppe von Leuten empfangen werden.
Es gibt drei grundsätzliche Verteilungsverfahren für öffentliche Mail:
- Mailing-Listen
- Echo-Areas
- Notice-Boards
Bei Mailing-Listen wird eine Mail an alle Personen auf der Liste als "private" Mail versand. Dieses Verfahren ist z.B. im Internet üblich.
Bei Echo-Areas wird die Mail von Verteiler zu Verteiler weitergeleitet und jeder, der die Area, in der die Mail geschrieben wurde, bestellt hat, erhält eine Kopie davon. Dieses Verfahren kommt z.B. im Fido-Netz zum Einsatz.
Bei Notice-Boards wird die Mail an einer zentralen Stelle (z.B. File-Server) gelagert und kann von jedem, der die entsprechenden Rechte hat, gelesen werden. Notice-Boards werden z.B. von Pegasus-Mail verwendet.
Die verschiedenen Verfahren der Mail-Verteilung ändern jedoch nichts am Resultat: Einer schreibt und viele können es lesen.
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2. Grundsätzliches für den Mail-Verkehr
Oberste Regel ist: Auf der anderen Seite sitzt auch nur ein Mensch! Dieser kann sich irren, etwas falsch verstehen usw.
Im Gegensatz zur direkten Kommunikation fallen beim e-Mailing wichtige Informationsträger wie Körpersprache, Tonfall usw. weg. Daher kann es leicht zu Missverständnissen kommen. Besondere Vorsicht ist daher bei Humor, Ironie usw. angebracht.
Bei Beachtung der nachfolgenden Regeln sollte es jedoch zu wenig Problemen kommen:
- Sei höflich. Begrüße Deinen Gesprächspartner mit einer angemessenen Anrede und verabschiede Dich ebenfalls angemessen.
- Kraftausdrücke, "Slang" usw. sind zu vermeiden. Da der Empfänger durchaus aus einem völlig anderen Kulturkreis kommen kann, führt das leicht zu Missverständnissen.
- Antworten auf eine Mail sollten immer von der Möglichkeit des "Quotings" (Zitieren)
Gebrach machen. D.h. man kopiert die erhaltene Mail in die Antwort (die meisten Mail-Programme tun
dies automatisch), kennzeichnet die Zitate als solche (üblich ist ein ">" am
Anfang der betreffenden Zeile(n), meistens auch automatisch) und nimmt zu den Punkten jeweils
Stellung.
Dem Quoting ist weiter unten ein eigener Abschnitt gewidmet. - Beim Forwarden (Weiterleiten) einer Mail an einen Dritten sollte man sich i.d.R. vorher eine Erlaubnis vom ursprünglichen Autor einholen. Die Ursprungs-Mail kann gekürzt werden, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass der ursprüngliche Sinn erhalten bleibt.
- Kettenbriefe via e-Mail sind äußerst unerwünscht und führen in vielen Mail-Netzen zum Ausschluss des Urhebers.
- Eine weitere Daumenregel: Sei zurückhaltend bei dem was Du schreibst und großzügig bei dem was Du bekommst. Bevor man auf eine Nachricht mit Verägerug zurückschreibt (eine sog. "Flame" verfasst), sollte man eine Nacht darüber schlafen.
- Prinzipiell sollte man vor dem Antworten prüfen, ob nicht noch eine andere Mail zum gleichen Thema vorliegt. Manchmal kommt es vor, dass jemand, der z.B. um Hilfe nachgefrag hat, bereits eine "hat sich erledigt"-Mail geschrieben hat.
- Prüfe, ob Du der eigentliche Empfänger der Mail bist, oder ob Du nur einen "Durchschlag" (Carbon-Copy oder kurz "CC") erhalten hast.
- Ein typischer Anfängerfehler ist es, private Mail an eine Gruppe oder als öffentliche Mail zu schicken. Überprüfe deshalb die Empfängeranschrift und stelle sicher, dass Du weißt an wen Du schreibst. Blindes Drücken der Antwort-Taste hat schon oft zu belustigenden oder peinlichen Situationen geführt.
- Verwende Groß- und Kleinschreibung. Durchweg Kleingeschriebenes ist schwer zu lesen, durchgängig Großgeschriebenes SIEHT AUS ALS OB MAN SCHREIT.
- Zur Hervorhebung von Wörtern können bestimmte Symbole verwendet werden. Z.B. ist *dieses* Wort betont und _dieses_ Wort unterstrichen.
- Sei vorsichtig mit Umlauten. Nicht jedes System verwendet den gleichen Zeichensatz.
Wenn Du Umlaute verwendest, achte darauf, dass Dein Mail-Programm korrekt eingestellt ist. - Das "Subject"-, "Topic"- oder "Betreff"-Feld einer Mail sollte zum Inhalt der Mail passen. Wenn sich der Inhalt vom ursprünglichen Thema entfernt hat, sollte das Subject-Feld entsprechend geändert werden.
- Wenn man nicht sofort auf eine Mail antworten kann/will, ist es angebracht, eine kurze Empfangsbestätigung zu schicken.
- Hat man sich einer Mail-Gruppe (öffentliche Mail) neu angeschlossen, ist es es ratsam, das Geschehen zuerst eine Zeitlang zu beobachten. Das gibt einem ein Gefühl für den Stil und die Umgangsformen in der Gruppe.
- Bedenke, dass viele Leute öffentliche Mail lesen können. Einer der Empfänger könnte Dein jetziger oder zukünftiger Arbeitgeber sein. Deshalb überlege, was Du schreibst.
- Über das Aussehen und den Stil der Mail machen sich die anderen Leute ein Bild des Verfassers. Achte deshalb darauf, möglichst wenig Tippfehler zu machen und Dich angemessener Umgangsformen zu bedienen.
- Öffentliche Mail sollte für alle Empfänger der Gruppe interessant sein. Im anderen Fall wähle lieber den Weg der privaten Mail.
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3. Spezielles
3.1. Quoting
Als Quoting bezeichnet man das Zitieren von Mail-Passagen. Wenn man auf eine Mail antwortet oder einen "Follow-Up" (öffentliche Antwort auf eine öffentliche Mail) schreibt, fügen die meisten Mail-Programme automatisch die ursprüngliche Mail in den Antworttext ein. Dabei werden die zitierten Stellen i.d.R. durch ein vorangestelltes ">" kenntlich gemacht. Manche Mail-Systeme stellen vor das ">" zusätzlich die Initialen des Autors. Ein paar Beispiele sollen das verdeutlichen:
> Waere der Mond in der Tat aus gruenem Kaese, muesste er von > Maeusen bevoelkert sein. Diese Auffassung kann ich nicht teilen, da der Mond sonst schon weggegessen waere.
PK>> Wann wurde denn der erste PC auf den Markt gebracht? MS> Das war 1982. Nein, da irrst Du Dich, es war 1981.
>>> Der Ball ist rund. >> Und das Spiel dauert 90 Minuten. > Was hat denn das mit Agrareffektivität zu tun? Vielleicht wollten die Schreiber damit die Tatsache zum Ausdruck bringen, dass …
Gequoteter Text solte sinnfällig gekürzt werden, damit die Mails nicht unnötig aufgebläht werden. I.d.R. weiß der Empfänger, was er geschrieben hat und das Zitat soll lediglich den Zusammenhang liefern. Eine besondere Unart des Quotings ist das Zitieren einer kompletten Mail, unter die man selber dann nur noch ein "Finde ich auch." oder "Das sehe ich nicht so." setzt. Als Daumenregel gilt hier, dass der Quote-Anteil einer Mail 40% nicht übersteigen sollte.
Es gibt verschiedene Methoden, Zitate zu kürzen:
- Löschen kompletter Sätze und Zeilen, wenn dies den Sinn nicht entstellt.
- Auslassen von Passagen und Kennzeichnen der Auslassung durch "[…]".
- Kurze Zusammenfassung des Gesagten in eckigen Klammern.
Letzteres kann z.B. so aussehen:
[Radischen als Schutz vor Schneckenbefall] Ja aber haben denn die Radischen nicht auch fatale Auswirkungen auf die Vogelwelt?
Auch beim Quoting ist es ratsam, sich eine Weile anzuschauen, wie es die "alten Hasen" machen. Eine weitere gute Hilfe, den richtigen Quoting-Stil zu finden, ist es, die eigenen Quotes kritisch zu betrachten und zu überlegen "Wie würde ich es finden, wenn meine Mail so zitiert wird?".
3.2. Smileys
Wie bereits im zweiten Kapitel erwähnt, fehlen der e-Mail-Kommunikation wichtige Eigenschaften wie Mimik, Gestik und Tonfall. Um hier einen kleinen Ausgleich zu schaffen, wurden die sog. "Smileys" eingeführt. Smileys sind Kombinationen aus Zeichen, die unter dem richtigen Blickwinkel den Eindruck eines Gesichtsausdrucks vermittlen. Um einen Smiley interpretieren zu können, neigt man den Kopf um ca. 90 Grad nach links. Mit etwas Übung kann man sich diese Gymnastik ersparen, da man die Smileys auch so erkennt.
Es folgt eine Aufzählung von verbreiteten Smileys. Diese Aufzählung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Phantasie sind bei der Einführung neuer Smileys keine Grenzen gesetzt.
:-) | Der Standard-Smiley an und für sich. Er lacht. | |
:-( | Ein trauriger Smiley. | |
:-| | Ein neutraler Smiley. | |
>:-( | Ein böser Smiley. | |
;-) | Ein zwinkernder Smiley. | |
:-@ | Ein sich übergebender Smiley. | |
B-) | Smiley mit Brille. | |
=|-) | Zufrieden grinsender Smiley. | |
:-O | Ein schreiender Smiley. | |
=8-O | Smiley mit zu Berge stehenden Haaren, aufgerissenen Augen und offenem Mund. | |
(:-{) | Smiley mit Schnurrbart und Kappe. | |
:-).... | Ein sabbernder Smiley. | |
:-= | Ein Vampir. | |
*<:-) | Der Weihnachtsmann. | |
usw. |
3.3. Footer
Als Footer bezeichnet man den unteren Teil der Mail, der u.a. den Absender enthält. Viele Mail-Programme können diesen Footer automatisch erzeugen. Ein Footer sollte folgenden Regeln folgen:
- Es sollte die Adresse des Absenders enthalten, damit dem Absender geantwortet werden kann. Manche Mail-Programme kürzen Mail-Header, sodass es gute Praxis ist, seine Adresse im Footer nochmals zu wiederholen.
- Der Footer kann weitere Informationen über den Absender enthalten (z.B. Telefonnummer, Firma usw.).
- Manche Mail-Programme sind in der Lage, in den Footer einen "Spruch des Monats" oder ähnliches einzufügen. Dies kann zur Auflockerung beitragen.
- Der Footer sollte nicht zu lang sein, da jedes übertragene Byte Geld kostet und auch der tollste Footer nach dem 10. Mal langweilig wird. Als Daumenregel gilt hier: 4 Zeilen Text sind reichlich.
- Vorsicht mit "Grafiken" und Sonderzeichen. Diese können je nach System und Mail-Programm beim Empfänger äußerst unterschiedlich aussehen.
Beispiel für einen Standard-Footer:
Klaus Eiderdaus Compatible Computer-Systeme Deutschland GmbH Tel.: 09876/54321 Fax: 09876/54322 e-mail: k_eiderdaus@ccsd.de, CompuServe: 12345,321, fido: 2:240/1480.1
und einer mit "Spruch":
|/ |\laus Eiderdaus * A clever salesman always smiles. * (k_eiderdaus@ccsd.de)
3.4. Abkürzungen
Da Datenübertragung immer mit Kosten verbunden ist, die proportional zur Menge der anfallenden Daten steigen, haben sich etliche Standardabkürzungen eingebürgert. Die meisten entstammen dem englischen Sprachraum und können mit etwas Phantasie entziffert werden.
Es folgt eine Aufstellung der verbreitetsten Abkürzung. Diese Liste erhebt ebenfalls nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
- AFAIK
- As far as I know – soweit ich weiß
- ASAP
- As soon as possible – sobald wie möglich
- BTW
- By the way – übrigens
- CU
- See you – Tschüss
- CUL8ER
- See you later – man sieht sich
- HTH
- Hope this helps – ich hoffe, das hilft (weiter)
- IMO
- In my opinion – meiner Meinung nach
- IMHO
- In my humble opinion – meiner bescheidenen Meinung nach
- LOL
- Laughin out loud – ich lach mich schlapp
- QED
- Quod erat demonstrandum – was zu beweisen war
- RTM
- Read the manual – guck ins Handbuch
- RTFM
- Read the f*cking / fine manual – guck gefälligst ins Handbuch
- ROTFL
- Rolling on the floor, laughing – ich lach mich kringelig
- ROTFLNGUA
- Rolling on the floor, laughing, never get up again – ich lach mich tot
Die Übersetzungen sind teilweise ein wenig frei, dürften aber den Sinn ungefähr wiedergeben.